Früher oder später stellt sich in vielen Familien die Frage, wie Immobilienvermögen auf die nächste Generation übertragen werden soll – sei es im Rahmen der Vermögensnachfolge oder durch Verkauf an Dritte. Oft stehen dabei erhebliche Wertsteigerungen im Raum, sogenannte stille Reserven, die im Idealfall steuerfrei realisiert oder übertragen werden sollen. Das deutsche Steuerrecht bietet hierfür verschiedene Möglichkeiten und Gestaltungsspielräume, um Immobilien ohne oder mit möglichst geringer steuerlicher Belastung zu übertragen.
Inhaltsverzeichnis
1. Warum Immobilien steuerfrei übertragen werden sollten
Die deutschen Steuergesetze sehen insbesondere für private und gewerblicher Vermieter verschiedene Möglichkeiten vor, ihre Immobilien steuerfrei zu übertragen. Die einzelnen Rechtsnormen haben aber jeweils eigenständige Voraussetzungen, die sich teilweise erheblich von den Regelungen in anderen Gesetzen unterscheiden. Erfolgt die erforderliche Planung im Vorfeld der Übertragung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt und/oder dem notwendigen Vorlauf, kommt eine steuerfreie Übertragung von Immobilienvermögen möglicherweise nicht in Frage.
Grundsätzlich gibt es in mehreren Gesetzen eine Möglichkeit, Immobilien steuerfrei zu übertragen. Zu nennen sind hier vor allem:
- Das Einkommensteuergesetz (EStG)
- Das Körperschaftsteuergesetz (KStG)
- Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)
- Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
Jede Rechtsnorm hat dabei ihre eigenen Tatbestandsvoraussetzungen, die es im Ergebnis ermöglichen, Immobilien steuerfrei zu übertragen. Wir werfen einen Blick auf die einzelnen Vorschriften und was hier konkret zu beachten ist.
2. Immobilien einkommensteuerfrei übertragen
Das Einkommensteuerrecht bietet verschiedene Möglichkeiten, Immobilien steuerneutral zu übertragen. Grundsätzlich ist dabei zu unterscheiden, ob die Übertragung unentgeltlich (z. B. durch Schenkung) oder entgeltlich (z. B. durch Verkauf) erfolgt.
2.1 Unentgeltliche Übertragung (Schenkung)
Wird eine Immobilie verschenkt, erfolgt die Übertragung ohne Gegenleistung – es entsteht also kein Veräußerungsgewinn, der der Einkommensteuer unterliegt. Aus einkommensteuerlicher Sicht liegt damit grundsätzlich kein steuerpflichtiger Vorgang vor.
Somit liegt eine steuerfreie Übertragung der Immobilie vor, bei der Übertragung werden auch die 10 seit Herstellung oder Anschaffung übertragen, was zu einem steuerfreien Verkauf der Immobilie ermöglicht.
Bei unentgeltlicher Übertragung übernimmt der Beschenkte die steuerlichen Werte des bisherigen Eigentümers. Das bedeutet: Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. Buchwerte werden fortgeführt. Diese Regelung gilt für:
Betriebsvermögen gemäß § 6 Abs. 3 und 5 EStG
Privatvermögen gemäß § 11d EStDV
Achtung: Gesellschaftsrechtlich motivierte Übertragungen
Besondere Vorsicht ist bei Übertragungen geboten, die im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Strukturen stehen etwa, wenn eine Immobilie in eine Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) eingebracht wird. Solche Vorgänge können steuerlich als sogenannte verdeckte Einlagen gewertet werden.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG gilt die verdeckte Einlage als Veräußerung zum Verkehrswert. Das hat zur Folge:
Wird eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung oder Herstellung verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, kann dies als privates Veräußerungsgeschäft gelten – mit entsprechender Steuerpflicht auf den Gewinn!
Eine gründliche steuerliche Prüfung und Planung ist hier unerlässlich, um ungewollte Steuerfolgen zu vermeiden.
3. Immobilien steuerfrei verkaufen – die Körperschaftsteuer
Auch juristische Personen wie Kapitalgesellschaften oder Stiftungen können Immobilien besitzen und veräußern. Für die Besteuerung solcher Veräußerungen gelten grundsätzlich die Regelungen des Einkommensteuergesetzes entsprechend, wie in § 8 Abs. 1 KStG festgelegt. Allerdings gibt es je nach Rechtsform erhebliche Unterschiede, was die Möglichkeit einer steuerfreien Übertragung betrifft.
3.1 Kapitalgesellschaften: Keine Steuerfreiheit möglich
Kapitalgesellschaften wie die GmbH, UG oder AG erzielen nach § 8 Abs. 2 KStG ausschließlich gewerbliche Einkünfte – auch dann, wenn sie etwa vermietete Immobilien halten. Immobilien, die sich im Betriebsvermögen einer solchen Gesellschaft befinden, können nicht steuerfrei verkauft werden. Die Spekulationsfrist von zehn Jahren gemäß § 23 EStG findet hier keine Anwendung.
Fazit:
Ein steuerfreier Immobilienverkauf ist für Kapitalgesellschaften ausgeschlossen – unabhängig davon, wie lange die Immobilie gehalten wurde.
3.2 Andere Körperschaften: Steuerfreiheit unter Umständen möglich
Anders sieht es bei bestimmten anderen Körperschaften aus – etwa bei:
- Stiftungen
- Vereinen
- Genossenschaften (unter bestimmten Voraussetzungen)
Diese können – anders als Kapitalgesellschaften – auch andere Einkunftsarten im Sinne des EStG erzielen, etwa Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus privaten Veräußerungsgeschäften. Damit kann eine steuerfreie Veräußerung nach Ablauf der 10-Jahres-Frist gemäß § 23 EStG grundsätzlich möglich sein.
Einschränkung: Keine „eigene Wohnnutzung“
Während bei natürlichen Personen der Verkauf selbst genutzter Immobilien unter bestimmten Voraussetzungen sofort steuerfrei ist, gelten diese Ausnahmen bei juristischen Personen nicht. So kann beispielsweise eine Stiftung keine „eigenen Wohnzwecke“ haben – es fehlt schlicht am privaten Lebensbereich. Die entsprechende Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist daher nicht anwendbar.
4. Immobilien ohne Grunderwerbsteuer übertragen
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegen alle Rechtsgeschäfte, die auf die Übertragung eines Grundstücks gerichtet sind, grundsätzlich der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage ist in der Regel der Kaufpreis – bei unentgeltlichen Übertragungen wird stattdessen der gemeine Wert herangezogen (§ 8 Abs. 2 GrEStG), der sich nach dem Sach-, Ertrags- oder Vergleichswertverfahren ermitteln lässt.
Doch auch das Grunderwerbsteuergesetz sieht zahlreiche Ausnahmen vor, in denen Grundstücksübertragungen steuerfrei möglich sind. Einige wichtige Befreiungsvorschriften im Überblick:
- 3 Nr. 2 GrEStG – Erbschaften und Schenkungen
Erwerbe durch Erbschaft oder Schenkung unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer, wenn sie nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) steuerbar sind – selbst dann, wenn sie dort ebenfalls von der Steuer befreit sind.
Praxisbeispiel:
Ein Vater schenkt seiner Tochter eine Immobilie. Unabhängig davon, ob Schenkungsteuer anfällt, ist der Vorgang grunderwerbsteuerfrei.
- 3 Nr. 4 und 6 GrEStG – Übertragungen im Familienkreis
Übertragungen von Grundstücken an:
- Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner,
- Verwandte in gerader Linie (z. B. Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern),
sind ebenfalls steuerfrei, unabhängig vom Wert der Immobilie oder einer Gegenleistung.
Wichtig: Diese Befreiung gilt nicht für Geschwister, Onkel/Tanten oder Cousins/Cousinen.
- 6a GrEStG – Steuerfreiheit bei Umstrukturierungen
Im Rahmen von Umwandlungen (z. B. bei Verschmelzung, Spaltung oder Einbringung) kann eine Grundstücksübertragung grunderwerbsteuerfrei erfolgen, wenn:
- das Grundstück zum Vermögen eines Einzelunternehmens, einer Personen- oder Kapitalgesellschaft gehört
- die Umwandlung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes erfolgt
- sowie alle strengen Voraussetzungen des § 6a GrEStG eingehalten werden (u. a. fünfjährige Vor- und Nachbehaltensfristen bei Gesellschafterstrukturen).
Entgeltlich oder unentgeltlich – keine Zwischenlösungen
Das Grunderwerbsteuerrecht kennt keine teilentgeltlichen Geschäfte: Eine Übertragung gilt entweder als entgeltlich oder unentgeltlich – Zwischentöne lässt das Gesetz nicht zu. Entscheidend ist das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert.
Rechtsprechung des BFH:
Liegt der Kaufpreis bei mindestens 10 % des Verkehrswerts, geht die Finanzverwaltung im Regelfall von einem entgeltlichen Erwerb aus – mit entsprechender Grunderwerbsteuerpflicht (BFH, Urteil vom 12.07.2006 – II R 65/04).
5. Erbschaft und Schenkung: Immobilien steuerfrei übertragen
Auch im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer bestehen umfangreiche Möglichkeiten, Immobilien steuerfrei oder zumindest steuerlich begünstigt zu übertragen. Voraussetzung ist stets, dass die entsprechenden Vorgaben des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) erfüllt sind.
- 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG – Steuerbefreiung für das Familienheim
Besonders vorteilhaft ist die Regelung für das sogenannte Familienheim. Unter bestimmten Bedingungen bleibt die Übertragung vollständig steuerfrei:
- Bei Erbschaft (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG):
Der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner erbt das selbst bewohnte Eigenheim und nutzt es weiterhin zu eigenen Wohnzwecken – dann entfällt die Erbschaftsteuer vollständig. Gleiches gilt bei der Vererbung an Kinder, sofern die Wohnfläche 200 m² nicht übersteigt. - Bei Schenkung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG):
Der Schenker überträgt das Familienheim an den Ehegatten, und dieser nutzt es unmittelbar selbst zu Wohnzwecken.
Wichtig: Die Selbstnutzung durch den Erwerber muss unverzüglich erfolgen und über mindestens 10 Jahre aufrechterhalten werden – andernfalls entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend.
- § 13a–13c ErbStG – Steuervergünstigungen für Betriebsvermögen
Vermietete Immobilien gelten grundsätzlich nicht als begünstigtes Betriebsvermögen, können aber unter bestimmten Bedingungen dennoch steuerlich privilegiert übertragen werden:
- Wird die Immobilie im Rahmen eines sogenannten Wohnungsunternehmens gehalten (vgl. § 13b Abs. 4 Nr. 1 d ErbStG), kann eine vollständige Steuerbefreiung möglich sein.
- Voraussetzung ist, dass die Gesellschaft mindestens 300 Wohneinheiten dauerhaft vermietet – in diesem Fall kann das gesamte Immobilienvermögen steuerfrei auf die nächste Generation übergehen, egal ob durch Schenkung oder Erbschaft.
- 13d ErbStG – 90-%-Bewertungsabschlag für vermietete Immobilien
Vermietete Immobilien im Privatvermögen unterliegen ebenfalls einer steuerlichen Begünstigung:
- Ihr steuerlicher Wert wird im Rahmen der Erbschaft- oder Schenkungsteuer nur zu 90 % angesetzt, sofern sie tatsächlich vermietet sind.
- Dies führt effektiv zu einer Reduzierung der Steuerlast und kann in Kombination mit Freibeträgen zu einer vollständigen Steuerfreiheit führen.
Freibeträge nach §§ 16 und 17 ErbStG
Unabhängig von konkreten Befreiungstatbeständen gelten persönliche Freibeträge:
- 500.000 € für Ehegatten
- 400.000 € für Kinder
- 200.000 € für Enkelkinder (wenn die Eltern bereits verstorben sind)
- 100.000 € für Eltern bei Erbschaften
- 20.000 € für sonstige Erwerber
Wiederholte Nutzung der Freibeträge – § 14 ErbStG
Ein strategischer Vorteil ergibt sich aus der Möglichkeit, alle 10 Jahre erneut schenkungssteuerliche Freibeträge zu nutzen. Durch frühzeitige und geplante Übertragungen – etwa in mehreren Etappen – lassen sich große Immobilienwerte schrittweise steuerfrei übertragen.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Planung. Sie können sich unverbindlich über den Button „Jetzt Mandant werden“ mit uns in Verbindung setzen.